Hüttenübernachtungen in den Alpen
Eine der großen Unbekannten auf unserem ersten Alpencross war die Übernachtung in Alpenvereinshütten. Wir hatten uns früh dafür entschieden, dass wir in Hütten schlafen werden, da wir so etwas Geld sparen wollten. Dafür nahmen wir es in Kauf Start und Ziel der von einer Freundin übernommenen Etappen zu verändern und die Route im zweiten Teil vollkommen umzuplanen. Was das für uns bedeuten würde, war uns nicht klar.
Zunächst muss man abends, zum Ende einer Etappe, noch auf den Berg fahren. Morgens fährt man entweder sofort ins Tal oder, wie bei uns zu Etappe 01 und Etappe 02 zunächst über einen Pass. Damit es sich finanziell auszahlt, muss man in einem Matratzenlager mit unbekannten Wanderern und Mountainbikern schlafen und nach Möglichkeit eine der Mahlzeiten im Tal besorgen. Außerdem gibt es teilweise immense Preisunterschiede zwischen Alpenvereinsmitgliedern und Nichtmitgliedern.
Die wichtigsten Erkenntnisse wollen wir im folgenden Beitrag teilen.
Die meisten Routenplanungstools haben Hütten verzeichnet. Wir haben bei unserer ersten Transalp parallel bei Garmin BaseCamp mit der kostenlosen Alpenkamm Karte von OpenMTBMap, Naviki und auf der Hüttensuche des DAV geschaut. Auf den Karten sind Hütten des DAV, anderer Alpenvereine, privat geführte und geschlossene Hütten verzeichnet. Es ist daher zu empfehlen unverzüglich zu recherchieren, ob die Hütten für eine Übernachtung in Frage kommen. In der Datenbank der DAV Hüttensuche finden sich oft Informationen über die Zahl der Betten, Kontaktdaten und im besten Fall eine Internetseite der Hütte.
Auf der Seite des deutschen Alpenvereins findet sich ein Hüttentest, der die Bewertungen verschiedener Nutzer sammelt und sich in der Rangfolge mit unseren Erfahrungen deckt. Einzelne Kritikpunkte wiederum konnten wir nicht bestätigen. Da diese alle etwas älter sind, wurde hier möglicherweise bereits nachgebessert.
Die Übernachtungskosten sind von Hütte zu Hütte verschieden. Angeboten werden meist Mehrbettzimmer und Matratzenlager, wobei die Nacht im Matratzenlager oft unschlagbar günstig ist. In allen offenen Alpenvereinshütten gibt es einen Preis für Vereinsmitglieder und einen Vollpreis, der beim Matratzenlager oft ungefähr das doppelte beträgt. Es ist zu beachten, dass in dem Hüttenpreis gelegentlich das Frühstück, manchmal sogar das Abendessen enthalten ist. Für Duschen wird in einigen Hütten eine Gebühr von ca. 3.00 Euro fällig.
Wir zahlten Beispielsweise als DAV Mitglieder:
- In der Konstanzer Hütte: 9 Euro (bzw. 6 Euro ermäßigt) für die Übernachtung im 16er Matratzenlager. Das Abendessen kostete 11.90 Euro (Gulasch) und das Früstücksbuffet 12.00 Euro.
- In der Heidelberger Hütte: 7.50 Euro für die Nacht im unbewirtschafteten Winterraum. Darin enthalten 2.50 € Heizungspauschale.
- In der Sesvennahütte: 38.00 Euro waren für die HP Nacht im 8er Matratzenlager fällig. Das Abendessen mit vier Gängen und das Frühstück mit Rührei rechtfertigten diesen Preis unserer Meinung nach.
- im Schlernhaus: 12.00 Euro für die Nacht im Matratzenlager und nochmal etwa 8.00 Euro für die Spaghetti.
- In der Brixner Hütte: 12.00 Euro für die Nacht im Matratzenlager, 3.00 Euro für die Dusche und 7.50 Euro für das Frühstück.
Zum Vergleich kostete die Nacht in den Jugendherbergen in Meran und Brixen inklusive Frühstück ungefähr 26.00 Euro.
Natürlich wird in den bewirtschafteten Alpenvereinshütten auch beherbergt, wer keine Alpenvereinsmitgliedschaft hat. Die Preise unterscheiden sich aber teilweise deutlich. Im Matratzenlager wird der preis für Nichtmitglieder oft verdoppelt, in den Zimmern wird der Unterscheid meist geringer. Die Mitgliedschaft lohnt sich aber nicht, um die Übernachtungspreise für eine zweiwöchige Reise zu reduzieren. Wenn man aber auf die Versicherung bei Bergunfällen Wert legt und die wichtige Arbeit der Alpenvereine unterstützen möchte, ist die Mitgliedschaft ratsam.
Die Alpenvereine auf deren Hütten man stößt haben sich auf das sogenannte Gegenseitigkeitsrecht geeinigt. Das besagt, dass die Hütten Mitglieder in anderen Alpenvereinen wie die eigenen behandeln. Viele der Hütten auf unserer Reise gehörten zum Apenverein Südtirol und haben bei uns, Mitgliedern des deutschen Alpenvereins, natürlich den ermäßigten Preis berechtigt.
Auch wenn die Hütten niemanden Abweisen, ist eine Reservierung auf den Hütten immer ratsam. Das gilt besonders in den Hauptreisezeiten. Aber auch Ende September hatten wir es in einer Hütte erlebt, dass das Matratzenlager nahezu voll war und uns entgegenkommende Wanderer darauf ansprachen, ob wir reserviert hätten. Wer dann noch ohne Reservierung kommt muss oft auch eine Strafgebühr zahlen, um schlussendlich in einen Notlager oder auf dem Boden zu schlafen.
Bei den meisten Alpenvereinshütten ist es möglich eine Reservierung per Email durchzuführen und so können auch die letzten offenen Fragen gestellt werden. Gerade zum Wetter und der Befahr- und -gehbarkeit der Wege wissen die Hüttenwirte oft mehr und sind aktueller als das Internet. Wenn keine Email Adresse angegeben ist, sollte man sich vor einem Anruf nicht scheuen. Die Telefonnummer gehört ohnehin in das Roadbook.
Grundsätzlich sollte man eine Reservierung dann auch wahrnehmen. Die Hüttenwirte behalten es sich vor eine Nacht, die kurzfristig abgesagt wurde, auch in Rechnung zu stellen. Sagt man frühzeitig ab, oder ist wie in unserem Fall durch Krankheit verhindert, sind die Betreiber meistens kulant, wenn auch nicht erfreut.
Als wir die Heidelberger Hütte anschrieben, um einen Platz im Matratzenlager zu reservieren, wurden wir darauf hingewiesen, dass die Hütte zu dieser Zeit schon geschlossen sei. Der Winterraum werde aber rechtzeitig fertig und geöffnet sein.
Das stellte uns zunächst vor die Frage, was ein Winterraum ist. Nach kurzer Internetsuche wussten wir, dass es sich bei einem Winterraum um einen unbewirtschafteten Nebenraum, gelegentlich ein kleines Nebengebäude, der Alpenvereinshütten handelt. Diese sind entweder dauerhaft geöffnet oder ein Schlüssel muss im Tal abgeholt werden. Die Räume sind mit Betten und Koltern ausgestattet, im Regelfall gibt es keine Küche und oft auch keine Toilette. Diese Räume sind für Selbstversorger und als Notunterkunft gedacht, das Essen muss selbst mitgebracht und zubereitet werden. In der Heidelberger Hütte erwarteten uns eine Küche, eine Heizung und darüber hinaus ein Kasten Bier.
Geheizt und gekocht wurde mit Brennholz, dass je nach Hütte von einem Platz im Tal mitgebracht werden muss, oder bereits vor Ort ist. Mit einer Dusche kann man nicht rechnen und auch das Klo war in unserem Fall ein einige Meter entferntes Plumpsklo. In dem Winterraum des Rivudio Stella Alpina al Lago Corvo (auch Haselgruber Hütte) gab es weder Heiz- noch Kochmöglichkeiten und auch keine Toilette. Tatsächlich war es nur ein Vorraum mit zwei Holztischen und Bänken, sowie vier alten aber gemütlichen Betten. Durch die Glaswand konnte man Nachts die Flugzeuge im den Sternenhimmel beobachten.
Manche Winterräume sind (inbesondere zum Ende der Saison) dreckig und ungepflegt. Einer auf uneren Touren war sogar schimmlig, weswegen wir spontan umplanen mussten.
Hüttenschlafsäcke sind eigentlich immer Pflicht. Das gilt insbesondere aus hygienischen Gründen in den Matratzenlagern, die von vielen Gästen benutzt werden. Denn um die Umwelt zu schonen und weil die Ressourcen aufwändig beschafft werden müssen, werden die Betten nicht nach jedem Besucher neu bezogen.
Man sollte den Schlafsack vorher kaufen, denn nur auf wenigen Hütten wird dieser zum Kauf angeboten.
In den Hütten, die wir besucht haben, war es zwar oft sehr kalt und nur wenig beheizt, aber es gab immer warme schwere Wolldecken. Deswegen braucht man keinen Schlafsack, der für Minusgrade ausgelegt ist. Im Sommer reicht oft ein dünnes Schlafsack-Inlett aus Seide oder ähnliches. Das Belastet den Rucksack weder mit viel Gewicht noch Volumen. Ein etwas dickerer Schlafsack ist für Menschen die schnell frieren oder im Winter durchaus zu empfehlen. Dann muss man im Zweifel auf die zusätzliche Wolldecke verzichten um nicht die Nacht durch zu schwitzen.
Wenn man auf einer Alpenhütte übernachten will, gibt es einiges an das man denken sollte. Ein schneller Gang zum Supermarkt ist nicht mehr möglich. Damit man keine bösen Überraschungen erlebt, sollte man mindestens an die folgenden Dinge denken:
- Bargeld um die Übernachtung, Getränke und eventuell das Essen zu bezahlen.
- Wenn vorhanden den DAV Ausweis, um von den Vergünstigungen zu profitieren.
- Ein Hüttenschlafsack ist in den meisten Alpenhütten pflicht.
- Ohrstöpsel verhindern im Matratzenlager die ein oder andere schlaflose Nacht.
- Ein Mehrfachstecker, verhindert, dass sich 16 Personen um die einzige Steckdose streiten.
- In vielen Hütten gibt es keinen Mülleimer. Mit einem Müllbeutel kann man den eigenen Dreck sauber ins Tal befördern.
- Auf dem kalten Holzboden sind Hüttenschuhe oder Wollsocken angenehm. Die Radschuhe müssen im Schuhraum verbleiben.
Bei Selbsversorgerhütten und Winterräumen:
- Muss man sich sein Abendessen mitbringen. Eine einfache Möglichkeit sind Nudeln und Fertigsoße. Die Energiedichte ist hoch und man hat nach einer möglicherweise 8 oder 10 Stunden fahrt keine Lust aufwändig zu kochen.
- Eventuell muss man Feuerholz von einem Lagerplatz abholen.
Wenn man eine Hüttenübernachtung plant gehören diese Gegenstände natürlich in die Packliste des Roadbooks.
Bei dem Thema Duschen lohnt es sich nachzufragen. Es ist nicht selbstverständlich, dass es Duschen gibt. Dennoch sind Duschen und Waschmöglichkeiten meistens gegeben. Sowohl im Winterraum der Heidelberger Hütte, als auch auf dem Schlernhaus mussten wir allerdings darauf verzichten. Ein Waschraum mit großem Waschbecken und warmen Wasser reicht aber auch vollkommen aus.
Wenn es Duschen gibt, dann muss man damit rechnen, dass eine Gebühr erhoben wird und die Duschzeit streng begrenzt ist. Die Beträge liegen nach unserer Erfahrung bei 3 Euro und die Zeit ist auf 3-4 Minuten begrenzt.
Da Alpenhütten teilweise sehr schwer zugänglich sind und eher selten von der örtlichen Müllabfuhr bedient werden, kann das Abfallmanagement für die Hüttenwirte zur Herausforderung werden. Es ist aber ohnehin Usus, keinen Müll auf den Bergen zurück zu lassen. Daher sollte jeder Alpensportler auch einen Müllbeutel dabei haben und jegliche Verpackungen wieder mit ins Tal nehmen. Selbiges gilt für den Hüttenbesuch.
Unbewirtschaftete Hütten oder Selbstversorgerhütten kommen ganzjährig ohne dauerhaftes Personal aus. Sie sind entweder offen oder der Schlüssel muss bei der Sektion oder vor Ort abgeholt werden. In solchen Hütten muss man neben dem Üblichen auch das Essen und eventuell Feuerholz mitbringen.
Das Hüttenbuch wirkt wie ein Gästebuch in dem man sich einträgt und ein paar nette Worte für die Hüttenwirte hinterlässt. Das ist aber nicht der Gedanke dahinter: Es geht vielmehr darum den Weg von Vermissten genauer zu verfolgen, um Suchgebiete einzugrenzen. Im Hüttenbuch sind daher Informationen über das letzte und nächste Etappenziel und das Tourenziel erbeten. Außerdem sollte man möglichst genau Ankunfts- und Abreisezeit vermerken und alle Personen nennen, die zu der Gruppe gehören.