Das richtige Fahrrad





Die Basis

Die Grundlage für eine erfolgreiche Alpenüberquerung mit dem Mountainbike bietet schon ein vergleichsweise günstiges Hardtail. Im Jahr 2017 starteten wir dann auch mit einem Tourenfully aus dem niedrigen Preissegment. Beide Mountainbike-Gattungen haben alpentaugliche Vertreter und die Entscheidung hängt vor allem vom Budget ab. Ein leichtes Hardtail mit Vario-Sattelstütze und bissigen Bremsen ist die bessere Alternative zu einem Baumarkt-Fully. Wer mehr Geld ausgeben kann und möchte, wird mit einem Einsteiger-Tourenfully glücklich.  Die wichtigsten Ausstattungsmerkmale fassen wir auf dieser Seite zusammen.



Was muss das Fahrrad können?


Erfahrungswerte unseres ersten AlpenX

Es gibt viele Philosophien über die richtige Aus­stat­tung und das rich­tige Fahr­rad. Man kann ein Ver­mögen los werden um das neuste High-Tech-Bike zu er­stehen. Für einen Alpen­cross, bei dem das Natur­er­leb­nis und die Heraus­forderung im Vor­der­grund stehen, reicht aber ein mit­tel­preisiges Hard­tail aus. Mein Fahr­rad war beispiels­weise ein Bulls Cop­perhead 3 Plus, aus dem Jahr 2011 und kostete damals, immer­hin 5 Jahre vor der Tour, etwa 1200 €. Ein wenig ge­fahrenes, ge­brauchtes Fahr­rad von ver­gleich­barer Wertig­keit bekommt man schon für 500 – 700 €. Wer ein Rad als Schnäp­pchen auf dem Ge­braucht­markt kauft, sollte aber die Rahmen­nummer auf einen eventuel­len Dieb­stahl prüfen.

Der vordere Feder­weg von 100 mm war aus­reichend, wurde von mir aber immer mal wieder aus­ge­reizt. 120 bis 130 mm bieten sicher­lich mehr Einsatz­möglich­keiten ohne die Touren­tauglich­keit zu verlieren, es sollte nicht zum Wip­pen kommen und ein Lock­out hilft bei langen An­stiegen. Die Frage ob Alu oder Carbon­rahmen ist mittler­weile eine Glaubens- und Geld­frage. Der Carbon­rahmen wiegt deutlich weniger und alle Händler waren sich einig, dass die Probleme der Brüchig­keit längst nicht mehr be­stehen, alleine auf­grund des Preis­niveaus ziehe ich aber einen Alu­rahmen vor. Das Gewicht des Fahr­rades mit allen An­bauten und Taschen lag ohnehin bei etwa 20 kg. Ein Kilo mehr am Fahr­rad ist da durch­aus ver­kraft­bar, wenn man ohne Ge­päck­shuttle und nicht all zu sport­lich unter­wegs ist. Shimano XT Bremsen mit 180 mm Scheiben, vorne besser 203 mm Scheiben, sind solide und halten den Be­lastungen bei einer Touren­transalp stand. Einzig bei der Ab­fahrt nach Ramosch (Etappe 02) kam es zu einem un­erträglichen Quietschen und deutlicher Geruchs­belastung. Für Down­hill­spezialisten sprechen wir allerdings nicht, da wir die an­spruchs­volleren Trails über­wiegend ge­schoben haben. So bereiteten die mir und Sebo fehlende hintere Federung wenig Probleme. Mein neues Rad habe ich dennoch voll­gefedert aus­gewählt. Wenn sich die Dämpfer abschalten lassen, bietet es kaum Nach­teile und ist für die Ab­fahrten deutlich besser ge­eignet. Es muss einem aber bewusst sein, dass es ein weiteres teures Bauteil ist, dass einen Defekt auf­weisen kann. Bei Marias hinterem Dämpfer, der im­mer­hin schon 10 Jahre im Dienst war, gab es einen leichten Druck­ver­lust, der regel­mäßiges Nach­pumpen er­forder­lich machte. Ein Geheim­tipp ist es, ein besonderes Augenmerk auf die Bereifung zu werfen. Die kosten für neue Mäntel halten sich in Grenzen, ein verschlis­sener Mantel in Verbindung mit schlecht haftenden Felgen­band sorgt aber für etliche Probleme, vom häufigen „Platten“ bis hin zur fehlenden Boden­haftung. Je nach ver­wendeten Reifen und Luftdruck kann das Fahrrad für den Stadt­verkehr, Den Renn­ein­satz oder ein Fahrt im schweren Ge­lände fit gemacht werden. Für den Alpen­cross sollte man breite Mäntel mit Kevlar­fasern und hoher Wider­stands­fähig­keit wählen. Selbst berg­auf begegnet man bei einer Trans­alp vielen Weg­stücken auf denen man sich über zu­sätzlichen Grip freut.

Um möglichst schadens­frei über die Alpen zu kommen, ist der Zustand des Fahrrades be­sonders wichtig. Nach jeder längeren Tour sollte man deswegen das Mountain­bike reinigen und pflegen. Vor Beginn des Alpen­cross ver­schlis­sene Teile aus­tauschen und alle Einstel­lungen prüfen. Ins­besondere sollte man gute, besten­falls ein­ge­fahrene Brems­belege haben, die Schal­tung muss sauber springen und der Mantel darf keine Schäden aufweisen. Für die häufigsten Probleme sollten das passende Werk­zeug und die nötigen Ersatz­teile nicht fehlen, für alles weitere be­finden sich auch in den Alpen entlang der Etap­pen genug Werk­stätten und Händler. Diese sind in einem guten Roadbook bereits vermerkt. Bei Spezial­teilen, wie dem Schalt­auge weniger verbreiteter Her­steller und den Brems­belegen seltener Fabrikate, ist es rat­sam diese auf jeden Fall vor der Tour zu be­schaf­fen.



Kettenblätter


1 x 11,  2 x 11,  3 x 10  …

Über die Jahre hat man sich an drei Ket­ten­blät­ter gewöhnt. Ein An­trieb mit 3 x 9 bis hin zu 3 x 11 war lange Zeit der Standard bei Mountain­bikes, wer aber heute ein neues Rad be­schaf­fen will findet diese An­triebs­ein­stel­lung nur noch bei Rest­posten und ge­brauch­ten Rädern. Immer populärer wird die 1 x 11 Schalt­ung, die vor allem durch ihr ge­ring­es Ge­wicht und Ein­fach­heit über­zeugt. Für lange Touren ist sie den­noch nur be­dingt ge­eig­net. Bei Ab­fahrt­en tritt man schnell ins Leere und an steilen Bergen fehlt ein niedriger Gang. Mit der richtigen An­zahl an Zähnen, wie sie in den teur­er­en Aus­führungen vor­kommt, ist das Pro­blem zwar be­ho­ben, dafür ist die Ab­stufung nicht ganz so fein.


Laufradgröße


26“,  27.5“,  29“

Auch die Zeit der 26 Zoll Lauf­räder ist vor­bei. Heute bleibt einem die Wahl zwischen den schwer­eren aber lauf­ruhig­en 29ern und den leicht­er­en, wen­di­gen 27.5er Lauf­rädern. Während die ersten sich bei Touren da­durch aus­zeich­nen, dass sie gut mit Hin­der­nissen im mit­tel­schwer­en Ge­lände um­gehen kön­nen, bie­ten die klei­ner­en Lauf­räder die Chance auch enge Kur­ven gut zu nehmen. Eine Empfehlung ist nur unter Be­rück­sichtigung von Körper­größe und An­wen­dungs­be­reich sinn­voll. Für uns fiel die Wahl auf 29 Zoll Lauf­räder bei einer kleineren Rahmen­größe und 130 mm Feder­weg.

Schwere Laufräder sorgen mit ihrer Massenträgheit für einen langsameren Antritt, leichte Räder nehmen schneller Fahrt auf. Es lohnt sich bei 29 Zoll Rädern also hochwertigere Laufräder und Mäntel zu kaufen.




Rahmen und Fahrwerk


Alu-Fully  mit  130 mm!

Wie bereits be­schrieben, ist der Alpen­cross mit einem Hard­tail durch­aus zu meistern, mehr Freude und fahr­bare Strecken er­reicht man aber sicher­lich mit einem voll­ge­federten Fahr­rad. Be­zahl­bar ist das dann nur mit dem etwas schweren Alu­minium­rahmen.

Die Kategorie Trail­bike bzw. Touren-Fully bietet den besten Kompromiss zwischen Ab­fahrts­orientierung und er­leichtertem Auf­stieg. Der Feder­weg von 120 mm oder 130 mm ist im Normal­fall aus­reichend und der Preis liegt teil­weise noch unter 2000 €, wenn man auf technische Details wie die hydraulische Sat­tel­stütze und eine Lock­out-Funktion der Dämpfer ver­zichten kann. Beides ist Luxus, der sich be­zahlt macht und zu empfehlen ist.

Fazit


Zwei  mögliche  Varianten


Hardtail Tourenfully
Neupreis ab 1000 € ab 1800 €
Rahmenmaterial Aluminium
Gewicht 12 kg 13.5 kg
Federweg 100 – 130 mm 120 -130 mm
Dämpfer keiner 120 -130 mm
Schaltung Shimano XT oder SRAM X01,  2 x 11
Laufradgröße je nach Vorliebe 27.5er oder 29er
Bremsen Shimano XT 203/180


„Luxusausstattung“

Auch wenn wir eher sparsam an die Tour gingen, haben wir über die Jahre die ein oder andere Änderung am Fahrrad vorgenommen. Vieles davon ist verzichtbar, aber erhöht den Komfort oder sogar die Sicherheit.



Vario Sattelstütze


Hydraulischer  Hub  für  mehr  Sicherheit  und  Komfort

Zwei von uns fuhren mit einer Vario-Sattelstütze. Diese kostet zwar ungefähr 300 €, ermöglicht aber die schnelle Höhenverstellung während der fahrt. Die richtige Sitzposition kann nicht nur wesentlich dazu beitragen Energie zu sparen, sondern sorgt auch führ die Fahrsicherheit und Beweglichkeit bei abschüssigen Trails. Wer im Training immer nur lange Anstiege und später lange Abstiege meistern muss, kann dies natürlich auch manuell und verbunden mit einer kurzen Pause einstellen. Das gilt sogar für die meisten Etappen unserer Transalp, bei der wir oft zunächst lange ins Tal und später lange bergauf zur Hütte fuhren.

Die Entscheidung eine hydraulisch absenkbare Sattelstütze zu kaufen, traf ich bei einem Mountainbikemarathon an der Bergstraße. Die 50 km Strecke wechselte ständig zwischen An- und Abstieg und es war unmöglich jedes mal die Sattelstütze umzustellen. Zunächst hatte ich sie oben behalten und wäre wegen des ungünstigen Schwerpunktes fast über den Lenker geflogen. Im Laufe des Rennens, rutschte die Sattelstütze aber immer weiter rein. Später saß ich tief und konnte an Anstiegen nur schwer Kraft in die Pedale bringen.

Getestet haben wir zwei Modelle: Die RockShox Reverb (100 mm) und die etwas günstigere Kind Shock Supernatural (125 mm), im neuen Fully wird eine RockShox Reverb Stealth (150 mm)  für besonders viel Bewegungsfreiheit sorgen. Diese lässt sich nicht bei jedem Rahmen verbauen und ist von der Montage aufwändiger.


Klickpedale oder Bärentatzen


Die  richtige  Verbindung  zum  Fahrrad

Die meisten Fahrräder werden gänzlich ohne Pedale oder mit sehr schlechten ausgeliefert. Auch mit schlechten Pedalen lässt es sich gut fahren, aber sie gehen schneller Kaputt und viel schlimmer ist das Risiko des Abrutschens. Gerade auf einem Flowtrail mit höherer Geschwindigkeit gibt es Momente kurzer Schwerelosigkeit bei denen man den Kontakt zum Pedal verlieren kann. Ein besseres Sicherheitsgefühl geben einem da die breiten Bärentatzen und fest mit dem Schuh verbundene Klickpedale. Die Investiton lohnt sich. Auch bei den Pedalen ist es schlussendlich Geschmackssache, welches dieser Konzepte man vorzieht. Mit Klickpedalen hat man in manchen Situationen einen besseren Antritt und eine gute Kontrolle über sein Rad, andererseits kann es passieren, dass man bei einem Sturz nicht schnell genug aus dem Pedal kommt. Die richtige Einstellung der Verbindung ist besonders wichtig und individuell. Lösen sich die Pedale zu schwer, wird man oft beim warten an der Ampel hilflos umkippen, wählt man die Kraft zu gering um dieser Schmach zu entgehen, ist die Gefahr des versehentlichen Lösens größer. Das kleine Pedal dann bei voller Fahrt wieder zu finden ist ungleich schwerer als bei den Bärentatzen.

Der richtige Sattel


Die  Tour  gemütlich  aussitzen

Ein unbequemer Sattel kann einem so richtig die Tour verhageln und wenn man lange Fahrten nicht gewohnt ist, wird jeder Sattel einmal unbequem. Trotzdem hat ein passender Sattel oft nicht die Priorität, wie andere vermeintliche Luxusgegenstände, denn schließlich wird ein Fahrrad immer mir einem Sattel ausgeliefert. Den Handlungsdruck spürt man erst, wenn einem die Blutzufuhr zu wichtigen Körperstellen abgeschnürt wird, oder man nach einer Weile am liebsten im Stehen fahren würde.

Für die Transalp kann sich diese überschaubare Investition lohnen. Zwischen 70 und 130 € finden sich zahlreiche gute Sattelmodelle auf dem Markt. Welcher der richtige ist, weiß man leider erst nach dem Probefahren über längere Zeiträume. Im großen und ganzen gibt es (meist) nur drei  Größen, die sich anhand des Sitzknochenabstandes bestimmen lassen. Die Unterscheidung zwischen Rennrad und Mountainbike spielt eine eher untergeordnete Rolle, der Mountainbike Sattel ist aber vielseitiger und für die oft wechselnde Sitzposition geeignet. Für lange Touren, wie den Alpencross, empfiehlt sich zum Beispiel der SMC3 von Ergon. Um eine Probefahrt und ausprobieren kommt man aber nicht herum.

Vor der Probefahrt ist es immens wichtig, das Fahrrad auf den Fahrer einzustellen. Ein noch so guter Sattel nützt nichts, wenn man gestaucht und krumm auf dem Rad sitzt.


Bikecomputer


Leistungsmessung  und  Navigation

Alles was man misst wird besser! Diese Erfahrung haben wir bei jedem Training gemacht. Bei dem Alpencross hilft der Bikecomputer dabei einzuschätzen wie man seine Kräfte einsetzen sollte um noch bis zum Ende der Etappe durchzuhalten. Das geht natürlich auch mit der Navigationsapp auf dem Smartphone, aber bei schlechtem GPS Empfang in Tälern oder durch dicke Wolkenschichten, kommt es zu großen Fehlern. Die Barometrische Höhenmessung und Streckenmessung anhand der Radumdrehungen ist in solchen Situationen eleganter.

Verwendet habe ich den Ciclosport CM 4.41, der zwar während der Tour meist gute Ergebnisse lieferte, aber im Vorfeld durch einige Probleme bei der Pulsmessung auffiel und zwei mal mit Datenverlust abgestürtzt ist. Die elegantere, allerdings deutlich teurere Lösung hatte Maria mit dem Garmin Edge 520. Hier treten die GPS Probleme ebenfalls auf, man hat aber eine gute Onlineauswertung, zeichnet viele Metriken, so etwa auch den Temperaturverlauf, auf und kann auf eine rudimentäre Tracknavigation zurückgreifen.