Eckdaten
Strecke:
Anstieg:
Abstieg:
Dauer:
Tagebucheintrag
Die dritte Etappe sollte die Königsetappe des diesjährigen Alpencrosses sein. Über 2.000 Höhenmeter erwarteten uns auf weniger als 35 km. Nach der schlechten Erfahrung zum Ende des Vortages und in Erwartung von kleineren Reparaturarbeiten an Marias Fahrrad waren wir sehr besorgt und ließen das Frühstück ausfallen um schnell los zu kommen. Mit 7:30 Uhr waren wir auch wiedermal die ersten beim Aufstehen, doch ebenso zuverlässig waren wir selbst ohne Frühstück die letzten, die die Hütte verließen.
Vor der Schutzhütte Schneeberg haben wir uns Marias Rad genauer angesehen ohne zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen. Der in Verdacht stehende Gepäckträger hatte keinen Kontakt zum Reifen, stattdessen drehte das Laufrad unter Belastung nach rechts ein und berührte die untere Strebe nahe der Kette. Wir befürchteten eine Schwäche des Laufrads oder schlimmere Schäden und wollten schnell in einen Fahrradladen. Da keine Werkstatt auf dem direkten Weg lag und die Strecke von Rund 14 km runter nach Moos ins Passeiertal zwar sehr schnell fahrend aber langwierig schiebend zurückzulegen war, ließen wir auch das kleine Bergbaumuseum an der Schutzhütte Schneeberg (Refugio Monteneve) ausfallen.
Frustriert aufgrund der flowigen Abfahrt die uns entging, versuchten wir wieder und wieder den Fehler durch Aus- und Einbau des Hinterrades zu beseitigen. Ein verzweifeltes Handeln, dass nur wenig Aussicht auf Erfolg versprach, doch bei einem dieser Wiederholungen sah ich das Problem. Offenbar hatte sich eine Schraube im Gelenk der hinteren Federung gelöst und ist an der Schneebergscharte verloren gegangen. Für die nächsten Kilometer verbanden wir die beiden Enden mit Kabelbindern, so dicht dass der gesamte Gewindedurchmesser ausgefüllt war. Diese Konstruktion war wenig vertrauenswürdig, hielt aber doch den Belastungen einer sanften Abfahrt auf Forststraßen und später auch mit über 30 km/h auf den asphaltierten Serpentinen stand.
Für den provisorischen Ersatz einer solchen Spezialschraube schien uns eine Autowerkstatt erolgsversprechender als ein Fahrradladen, weswegen sich unser Umweg vom weitab liegenden St. Leonhard im Passeier auf ein kurzes Stück vor die Tore der Stadt Moos verkürzte. Die Mitarbeiter in der Autowerkstatt unter einer Tankstelle vermuteten zwar erst, dass sie uns nicht helfen konnten, doch nach dem Entfernen der Kabelbinder kam ein Mechaniker schnell mit einer passenden Schraube zurück. Diese kürzte er noch und montierte sie mitsamt einer Unterlegscheibe am Rahmen. Für die Hilfe verlangten die beiden Mechaniker nicht einmal Geld, erfreuten sich aber umso mehr über das Trinkgeld, dass wir zur Kaffeekasse beisteuerten.
Jetzt fuhren wir wieder hinauf nach Moos und setzten uns in ein kleines Kaffee, in dem wir zuvor nach der Werkstatt fragten. Bei gutem Kaffee in der warmen Mittagssonne mussten wir zunächst entscheiden, ob wir den Versuch auf die Stettiner Hütte am Eisjöchl zu fahren aufgrund der verlorenen Zeit abbrechen sollten, um dann auf Talwegen nach Meran zu fahren. Zwar erschien die restliche Etappe unmöglich, aber andererseits war sie Höhepunkt der Tour und eine von nur drei Hüttenübernachtungen. Diesen Teil des Alpencross auszulassen wäre ein deutlicher Qualitätsverlust. Schließlich entschieden wir uns bis Pfelders, der letzten Stadt auf der Originalroute, zu fahren und von dort in der Hütte nachzufragen ob es noch möglich sei den restlichen Weg zu schaffen. Zuvor deckten wir uns in einem DeSpar Markt in Moos mit einem kleinen Mittagessen aus Wurst, Brötchen und Thunfisch ein.
Vorbei am Bunkermuseum ging es auf eine kleine Landstraße mit wenig Verehr, die sich in relativ steilen Serpentinen mit einer Steigung von etwa 11.5 % entlang einiger kleiner Höfe in Richtung Pfelders schlängelte. Hier mussten wir alle 100-150 Höhenmeter eine kurze Trinkpause einlegen, kamen davon abgesehen aber sehr zügig voran und hatten bald wieder die Landstraße am Gasthof Innerhütt erreicht. Bis hier hin waren laut plan schon 600 Höhenmeter geschafft und weitere 200 folgten auf den kommenden vier Kilometern Landstraße nach Pfelders. Somit konnten wir mehr als ein drittel der geplanten Höhenmeter schon hinhter uns bringen. Vor einem Schild mit verschiedensten Wanderrouten am Ortseingang von Pfelders rief Maria gegen 15:00 Uhr auf der Hütte an, um zu erfragen ob der Weg noch machbar sei. Eine Entscheidung wollte man nicht treffen, prophezeite aber noch etwa 7 Stunden für die verbliebene Strecke. Die Aussicht um 22:00 Uhr anzukommen war wenig dienlich, aber zurückfahren wollte auch keiner von uns, deshalb machten wir uns wenn auch mit mulmigen Bauchgefühl schnell auf den Weg.
Bis zur Lazinser Alm konnten wir noch fahren und waren damit deutlich schneller als die für Wanderer gedachte Zeitangabe berechnet, andererseits sind wir es aus dem Vorjahr gewohnt auf den steilen Pfaden wieder ordentlich Zeit gegenüber diesen Vorgaben zu verlieren. Viele entgegenkommende Wanderer und Radler sprachen uns abwechselnd Mut zu oder bereiteten uns Sorge, trotzdem überwog eine positive Anspannung. Ein besonders optimistischer Radler mutmaßte, es wären nur zwei Stunden, er selbst brauchte aber eine ganze Stunde um runter zu fahren – Eine halsbrecherische Leistung.
Direkt hinter der Lazinser Alm begann ein sehr langes Schiebestück. Über eine leere Weide kamen wir auf einen vermutlich gesperrten Weg, dessen Umleitung wir übersehen hatten. Viele kleine Wege schlängelten sich entlang des vorgelagerten Berghangs bis auf über 2.100 m über dem Meeresspiegel. Bei einsetzendem leichtem Regen arbeiteten wir uns Kurve um Kurve voran. Etwa auf halben Weg begegneten wir einer Gruppe Ziegen, die um und auf dem Weg standen. Ein wenig besorgt setzten wir unseren Weg fort und hofften sie würden das Weite suchen. Weit gefehlt, denn Ziegen sind gleichermaßen mutig wie neugierig und sie machten keinerlei Anstalten uns zu meiden. Direkt vor uns erleichterten sich sogar einige der Ziegen und die in einen strengen Duft gehüllt Gruppe entschied sich uns einige Meter zu folgen. Eine besonders mutige Zeige schlich sich dabei zwischen uns und wedelte aufgeregt mit dem Schwanz. Diese Begegnung und das Zusammentreffen mit einem E-Biker waren, da es mittlerweile recht spät wurde, die einzigen Kontakte mit Lebewesen auf dem Weg nach der Lazinser Alm.
Auf ungefähr 2.100 Metern Höhe begann dann ein breiter Quergang, den man schon von Pfelders aus sehen konnte. Hier wollte ich vor 18:00 Uhr ankommen, was uns spielend gelang. Der Quergang selbst war entspannend mit geringer Steigung. Nur ein Geröllfeld, vermutlich durch einen Erdrutsch entstanden, war kurz vor dem in die Steilwand geschlagenen Teil herausfordernd. Ohne Mountainbike hätte man ihn schnell überwunden, mit dem Rad in einer Hand getragen fiel es schwer auf dem losen Geröll halt zu finden. Wie immer ging alles gut und wir konnten unbeschadet weiter. Am anderen Ende des Quergangs liegt das gefühlt steilste Stück der Etappe. Enge Serpentinen mit durchschnittlich ca 20 % brachten uns von dem Hang zu einer kleinen felsigen Ebene mit aus Natursteinen angelegten Treppen. Noch auf den Serpentinen setzte die Dämmerung ein, doch auch bei zunehmendem Zeitdruck brauchten wir eine kleinere Pause auf ca 2300m Höhe, um mit ein paar Riegeln die Energiezufuhr zu sichern. Noch immer war die Stadt Pfelders im Tal deutlich sichtbar und blieb es auch den überwiegenden Teil des Anstieges zur Stettiner Hütte.
Auf dieser Ebene angekommen verdichteten sich zusätzlich die Schneefelder und reflektierten das durch den von Wolken behangenen, immer dunkler werdenden Abendhimmel dringende Mondlicht. Die Stettiner Hütte ist dort erstmals am Horizont sichtbar, aber liegt noch in weiter Ferne. Folglich gab es hier keine Gelegenheit inne zu halten, um den Anblick zu genießen. Vor uns lag die warm erleuchtete Hütte vor dem weißen Halbmond zwischen mit Schnee überzogenen Felsgipfeln und links unerreichbar nah ein noch eisfreier, leicht von matschigen Schneefeldern durchzogener Bergsee, der das Lichterspiel reflektierte. Die Stadt Pfelders war an diesem Punkt für ein kurzes Stück vollständig im Steinmeer hinter uns versunken. Einzig die in Talrichtung gespannten, von dünnen Stahlstreben gehaltenen Drahtseile und die hölzerne Hütte in der Ferne fügten sich als Zeichen der nicht zu fernen Zivilisation in das sonst einsame Bergpanorama ein. Die aus Holzplanken und Steinen gebaute Parkbank am Wegesrand konnte uns trotz all dieser Argumente nicht aufhalten und blieb ungenutzt zurück.
Langsam löste sich die Wolkenschicht. Ein Wanderschild zeigte uns nach der nächsten Kurve noch 45 Minuten für den kommenden Weg an, wobei diese Zeit mit dem Fahrrad und beschwerlicher werdenden Bedingungen nicht einhaltbar war. Wir wollten trotzdem endlich ankommen und die Anstrengungen des Tages zeigten sich immer deutlicher, so dass, auch wenn der Weg angenehmer blieb, als die Schneebergscharte zuvor, ein Tunnelblick einsetzte. Der Schnee wurde mit jedem Wegstück tiefer, Kälte kroch in die Schuhe. Trotzdem machten wir keinen Gebrauch von Wärmesohlen und sogar auf meinen Pullover konnte ich verzichten. Etwa 10 Minuten vor unserer Ankunft sah ich dann die Silhouette eines Mannes im Fenster der endlich erreichbar erscheinden Stettiner Hütte. Auch wir, die mit den Fahrradlampen im Dunkeln sicher sehr auffällig marschierten, wurden bereits entdeckt. Noch mussten wir um die Hütte herum und dann zwei steile kurze Rampen überqueren. Schnell an deren Fuße angekommen, trat oben ein Mann aus der Hütte und lief schweigend zu einer tiefer gelegenen Stahltür, an der er uns erwartete. Bis wir dort waren vergingen noch ein paar Momente, Maria schaffte es sogar beinahe in den Schnee zu stürzen. Dann, um etwa 20:30 Uhr und somit immerhin weit vor der prophezeiten Zeit, erreichten wir endlich die Hütte.
Wir wurden nett begrüßt und stellten unsere Räder im Keller unter. Nach Demontage der Ladung fanden wir uns alleine vor dem Keller und versuchten uns zu orientieren. Es handelt sich bei der Stettiner Hütte um eine aus Sperrholzplatten errichtete, nicht minder gemütliche, provisorische Hütte. Aufgrund dessen sind einige Wege außen zurückzulegen und folglich finden sich viele Türen ohne nähere Bezeichnung. Die beschilderte Stube wurde unser erstes Ziel. Diese ist ein großer heller Raum mit offener Küche, einer kleinen Theke und einigen Biertischgarnituren. An diesen saßen einige Gruppen von Wanderern, die uns überrascht über ihr Kartenspiel hinweg anschauten. Mit unseren Rucksäcken, nassen Schuhen, Fahrradhelmen und vor Erschöpfung einsetzender Blässe zu so später Stunde eintreffend, gaben wir wohl ein klägliches in Teilen sicher auch verwegenes Bild ab, passten in jedem Fall aber nicht in die gewohnte Hüttenatmosphäre. Ohnehin waren wir aber erstmal mit uns selbst beschäftigt, brachten mit letzter Kraft die nassen Schuhe vor die Tür und fielen an den ersten Tisch. Eine Cola und das darauf folgende deftige Abendessen, bestehend aus Bratkartoffeln; Spiegeleiern und Speck, brachten uns wieder zu Kräften.
Das Matratzenlager und die Toiletten der Stettiner Hütte liegen ein Stockwerk tiefer. Hier gibt es einen kleinen Vorraum der übergangsweise den Trockenraum ersetzt. Das Leitungswasser ist nicht trinkbar und so kalt, dass das Waschen der Hände schmerzt, eine Dusche für die Gäste gibt es nicht. In einer provisorischen Hütte ist das aber ein durchaus erträgliches Leid, wenn die Kernbereiche wie Stube und Matratzenlager gut ausgestattet sind. Die erstgenannte hatte uns schon mit gutem Essen überzeugt. Das Matratzenlager war zwar eng, aber unglaublich gemütlich mit den wahrscheinlich besten Matratzen und Decken, die wir bisher erlebt haben. Mittlerweile reichten die Kräfte wieder um schwungvoll auf die oberen Betten zu klettern denn eine Leiter fehlte. Während wir uns schlafbereit machten kamen wir mit ein paar Wanderern ins Gespräch. Diese waren neugierig woher wir kamen und sichtlich beeindruckt von der für Wanderer nicht zu überwindenden Entfernung zur Schneebergscharte.
Auch wenn wir von der Etappe aufgeputscht lange brauchten um einzuschlafen, folgte eine erholsame Nacht in dem sehr warmen Matratzenlager.
Ausgaben
Maria:
Sebo:
Bernhard:
Für die Übernachtung mussten wir je 20 € bezahlen, dazu kamen 8€ für das Essen und 6 bzw. 6,5 € für je ein Getränk. Mittags hatten wir drei Kaffee zu je 2,20 € und das gemeinsamme Mittagessen, dass sich Maria und ich teilten für insgesamt 10,82 €. Für zwei Flaschen Mineralwasser, die wir in der Nacht tranken fielen noch mal je 4 € an. Für die Reparatur zahlten wir 5 € an Trinkgeld.
Transport: 00.00 €
Snacks: 2.20 € (Kaffee)
Einkäufe: 10.82 €
Abendessen und Übernachtung: 34.00 € p. P.
Wasser: 8.00 €
Sonstiges: 5.00 € (Reparatur)